Biografie

Die Pianistin und Komponistin Clara Haberkamp (*1989 bei Unna) lebt und arbeitet in Berlin und Hamburg.

In den Jahren 1998 bis 2006 gewann sie mehrmals bei den Wettbewerben „Jugend jazzt“ und „Jugend musiziert“ auf Landesebene. Von 2006 bis 2009 war sie Mitglied im Landesjugendjazzorchester NRW. Tourneen mit der Big Band führten sie nach Südostasien, Malta, Israel und Estland. Später war sie auch Pianistin im Bundesjazzorchester (Bujazzo). Von 2009 bis 2013 studierte sie Klavier am Jazz Institut Berlin u.a. bei Hubert Nuss, David Friedman und Greg Cohen. Ihr darauffolgendes Masterstudium im Fach Komposition an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg hat sie im Mai 2017 mit der CD-Aufnahme eines eigens für die NDR Big Band komponierten Programmes im „Liebermann Studio Hamburg“ abgeschlossen. Danach komponierte und arrangierte sie Werke u.a. für Vokalensembles, Soloklavier und Klaviertrio, für kammermusikalische bzw. „Crossover“ Ensembles, für Bläserensembles und Streichquartette. Für das Jahr 2021 übernahm sie die künstlerische Leitung des Konzertabends „Klassik meets Jazz“ im Konzerthaus Berlin im Rahmen des internationalen Festivals Young Euro Classic von Nils Landgren. Für das Festival, das u.a. vom Radiosender Deutschlandfunk mitgeschnitten und ausgestrahlt wurde, schrieb sie ein interdisziplinäres Konzertprogramm, in dem sich ein Vokalensemble (In June), ein kammermusikalisches Quintett (Pacific Quintet) und das Clara Haberkamp Trio interaktiv vereinten. Die Radiosendung „In Concert, Clara Haberkamp bei Young Euro Classic“ wurde für den Deutschen Jazzpreis 2022 nominiert.

Mit dem Clara Haberkamp Trio konnte sie als Gewinnerin des „Newcomer Awards“ des Festivals Jazz Baltica im Jahr 2011 die erste CD realisieren („Nicht rot, nicht weiß, nicht blau“). In den nachfolgenden Jahren hat sie 3 weitere Alben sowohl in Triobesetzung als auch als Solistin eingespielt. Mit ihrem Album „Orange Blossom“ (Traumton Records, Berlin) wurde das Trio für den Echo Jazz 2017 in der Kategorie „Newcomer“ nominiert. Das darauffolgende Album „Neon Hill“ war Grundlage für eine Titelstory in der Zeitschrift „Jazzthetik“. Sie war Stipendiatin der Oscar und Vera Ritter Stiftung und der Claussen-Simon-Stiftung. Die Claussen-Simon-Stiftung ermöglichte ihr zudem das aktuelle Programm „Reframing the Moon“ mit ihrem Trio als Videoproduktion zu veröffentlichen. Das gleichnamige Album wurde im August 2021 auf Malletmuse Records als Album veröffentlicht und wurde für einen Showcase auf der jazzahead! 2022 eingeladen. Das Downbeat Magazine schrieb über diese Performance:
„She brings a fluid touch as a pianist, sometimes reminiscent of Brad Mehldau’s brand of pianism and conscientious use of the left hand, but with a personal sense of using space and improvisation free of formula or empty showboating. In the crowded field of piano trio venturers, hers is a name to keep ears open for.“
(- Joe Woodard, Downbeat Magazine 05/2022)


Im August 2022 konnte sie den norwegischen Schlagzeuger Jarle Vespestad für das Trio gewinnen, das nun, zusammen mit Oliver Potratz am Bass, ein neues Album bei dem Label TYXart records aufnehmen wird.

Als Sidewoman war sie in den Jahren 2013 bis 2015 mit dem Schauspieler und Sänger Gustav Peter Wöhler und der Liedermacherin Susanne Betancor „die Popette“ auf Tour. Von 2017 bis 2021 war Haberkamp Mitglied des „David Friedman Generations Quartets“ mit dem sie als Pianistin bereits zwei Alben veröffentlicht hat. Im Jahr 2017 gründete Sie mit der Bassistin Lisa Wulff und der Saxophonistin Annalena Schnabel das Trio SASKYA, mit dem sie beim Jazzfest Bonn, bei der ECHO Fernsehübertragung und im Rolf Liebermann Studiosaal des NDR auftrat.
Lisa Wulff und Clara Haberkamp spielen seitdem im Duo Candour, das sie kürzlich zu einem Quartett mit Trompeter Jakob Bänsch und Schlagzeuger Alex Parzhuber erweiterten. Im Herbst 2022 gründete Haberkamp zudem das Duo Azadi mit der iranischen Cellistin Atena Eshtiaghi und startete eine Zusammenabeit mit Moderator und Poetry Slammer David Friedrich in Form einer vom NDR unterstützten Reihe mit dem Titel „Poetry Jam“.

Für CASIO Music präsentierte sie 2019 ihre Komposition „dinner with a nymph“ in einem Werbevideo, um das neue PX-S1000 Digital Piano zu bewerben. Anfang 2022 hat sie zudem ein Video mit Chris Minh Doky am Bass und Silvan Strauss am Schlagzeug für YAMAHA Band & Orchestra eingespielt und ist seitdem Yamaha Artist.

Sie hat eine Gastdozentur für „improvisierte Liedbegleitung“ an der Universität der Künste Berlin inne. Als Stipendiatin des Dissertation Plus Programms der Claussen-Simon-Stiftung verwirklicht sie zudem eine künstlerisch-wissenschaftliche Promotion an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg.

Seit 2020 ist Haberkamp Künstlerin der Agentur Wolkenstein.

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Biography (English) by Sebastian Scotney

CLARA HABERKAMP

"One of the most distinctive pianists on the German jazz scene." (Deutschlandfunk)

"If there is one thing Clara Haberkamp can be credited with, it is fearlessness." (Wolf Kampmann)

“Defiant. Sensitive. Lively. Unconventional. Authentic. Brave. Clever." (JazzThing)

Pianist/composer/songwriter. Clara Haberkamp is based in Berlin.

She has led her own group, the Clara Haberkamp Trio since 2010. Its first ever appearance was at Berlin's A-Trane Club to mark Herbie Hancock's birthday, and has been in continuous existence ever since, The trio has been attracting plaudits since inception. They won the Newcomer Award (the IB.SH-Förderpreis) at the 2011 Jazz Baltica Festival. The album “Orange Blossom“ (Traumton) received an Echo Jazz Award nomination in 2017, and their subsequent album “Neon Hill” led to a cover feature in JAZZTHETIK.
With bassist Oliver Potratz and drummer Tilo Weber, the Clara Haberkamp Trio will produce its next album "Reframing the Moon" on Malletmuse Records in August 2021.
Clara Haberkamp also performed from 2017-2019 in the SASKYA trio with bassist Lisa Wulff and saxophonist Anna-Lena Schnabel, which performed at several major festivals in Germany and Switzerland. The CANDOUR Duo with Lisa Wulff resulted from this trio.

She also works as a member of the Generations Quartet of the distinguished American-born vibraphonist David Friedman, and also has a regular duo with him.

CV:
- Born 1989, in Unna near Dortmund.
- Daughter of saxophonists Thomas and Ilona Haberkamp, both of whom fostered a broad and inclusive approach to listening and music-making. Ilona Haberkamp is the biographer of German-born pianist Jutta Hipp.
- Winner of multiple awards as a teenager (“Jugend jazzt”, “Jugend musiziert”).
- 2006 – 2009: tours to Southeast Asia, Israel, Estonia and Malta as pianist of the youth jazz orchestra of North Rhine Westphalia
- Pianist In Germany's National Youth Jazz Orchestra Bundesjazzorchester (BuJazzO) from 2012 to 2013

- Studied piano from 2009 to 2013 at the Jazz Institut Berlin where teachers included Hubert Nuss, David Friedman and Greg Cohen.
- Masters degree in composition at the Hochschule für Musik und Theater in Hamburg, which culminated in a recording of her compositions, played by the NDR Big Band.
- Pianist/accompanist touring with Gustav Peter Wöhler, one of Germany’s busiest actors with around 150 film and TV credits, and the singer/songwriter Susanne Betancor.
- Endorsed CASIO artist since 2019, playing the new Casio PX-S1000.
- Clara Haberkamp has received support from the Hamburg-based Claussen-Simon-Stiftung as a freelance pianist and composer (2017-2019). The foundation also currently supports her doctoral thesis and the production of videos for the forthcoming album “Reframing the Moon”.
- Member of the teaching faculties at the Universität der Künste Berlin (UdK) and the Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
- In December 2020, Clara Haberkamp (as solo pianist and as leader of the Clara Haberkamp Trio) joined the artist roster at one of Germany's leading jazz agents, Agentur Wolkenstein.

BIOGRAPHY AT 1 MARCH 2021
Stimmen 2021
Presstext von Wolf Kampmann (Jazzjournalist und Autor von Reclams Jazz- Lexikon)

"Keine geometrische Form ist so stabil wie das Dreieck. Ein Tisch mit drei Beinen kann niemals wackeln. Die Berliner Pianistin Clara Haberkamp ist zwar erst 31 Jahre alt, doch ihr Trio besteht bereits seit einem guten Jahrdutzend. In dieser Zeit hat das Clara Haberkamp Trio zahlreiche Entwicklungsphasen durchlaufen. Jede dieser Phasen schien der jeweilige Endpunkt der ganzen bisherigen Reise gewesen zu sein, und doch geht es immer weiter. Gerade diese Kontinuität in der variablen Zielsetzung macht eine wesentliche Stärke des Trios aus. Es ist immer genau das, was es ist und vereint doch zugleich im jeweiligen Moment alles, was es je war und noch werden kann. „Ich versuche loszulassen und in der Stimmung, in der ich gerade bin, den größtmöglichen Entfaltungsfreiraum zu finden“, postuliert die Pianistin. „Das war in der Vergangenheit nicht immer möglich, weil es da ziemlich klare Formen, Texte und Melodien gab. Jetzt sind wir viel freier. Unsere einzige Einschränkung besteht, wenn überhaupt, in der Form. Doch das ist gut, denn wenn man die Form spürt, hilft das, umso freier zu werden.“

Das mag wie ein Paradoxon klingen, doch gerade dieser souveräne Zugriff aufs Mögliche im Unmöglichen verbietet jeden Vergleich des Clara Haberkamp Trios mit anderen Formationen in Geschichte und Gegenwart. Clara Haberkamp quadriert in ihren Kompositionen den Radius des Abstrakten mit der Peripherie des Einfachen, verbindet die große Geste mit dem leisen Wort, die Wucht der Jahrhunderte mit der Vehemenz des einzelnen Wimpernschlags, den feierlichen Ernst großer Statements mit der beiläufigen Heiterkeit des Vergänglichen und nicht zuletzt die Kontrolle des suchenden Unterbewussten durch ein schöpferisches Bewusstsein mit der tanzenden Unbefangenheit des spontanen Spieltriebs. In Clara Haberkamps Musik geht es in jedem einzelnen Augenblick um nicht weniger als Alles.

Nichts ist in der Anlange ihrer Kompositionen zufällig, und doch könnte alles auch ganz anders sein. Aber dieser kreative Widerspruch macht eben auch die Freiheit der Komponistin und des Trios aus. Jede Entscheidung ist nur eine von unzähligen Möglichkeiten, auf die man zugreift, weil sie sich in der jeweiligen Situation eben anbietet. Das spielerische Moment steht unangefochten für sich selbst und muss nicht als Ausrede für das vermeintlich Endgültige herhalten. Mit Kategorisierungen tut sich Clara Haberkamp entsprechend schwer. Sie hat sich intensiv mit klassischer Liedbegleitung, vierstimmigem Satz und so unterschiedlichen Komponistinnen und Komponisten wie Clara Schumann, J.S. Bach, Franz Liszt, György Ligeti oder Alexander Skrjabin beschäftigt und in den daraus resultierenden Erkenntnissen eine starke Kraft für ihren kompositorischen und improvisatorischen Ansatz entdeckt. Ihre Stücke klingen wie Flüssigkristalle in einer sich stetig erneuernden, aber nicht minder konsistenten Form.

Auch wenn die Kompositionen für das Trio ausschließlich aus der Feder der Pianistin stammen, bringen ihre beiden Kompagnons nicht nur ihre komplette Persönlichkeit ein, sondern auch den täglich wachsenden Reichtum ihrer Lebenserfahrung. Gerade die erdkernhafte Ruhe in Tilo Webers Drumming öffnet dem Trio einen weiten Horizont der Optionen. Nicht selten wirkt es, als würde er auf dem Schlagzeug seinerseits Piano spielen. Oliver Potratz ist ein hypersensibler Meister der Dynamik, der intuitiv zwischen gegensätzlichen Stimmungen, Bewegungsabläufen und Dichtegraden zu vermitteln weiß. „Die beiden geben mir das Gefühl, mich uneingeschränkt auf die Stimmung des Moments einlassen zu können. Ich muss nicht darauf achten, was Oli oder Tilo gerade spielen, denn sie
finden immer das Richtige für den jeweiligen Moment, den optimalen Winkel zwischen Vordergrund und Hintergrund und das erforderliche Maß zwischen Zurücknahme und Vorpreschen. Auf unserem gemeinsamen Weg können wir noch sehr viel erforschen.“

In der Vergangenheit kombinierte Clara Haberkamp ihr Klavierspiel oft mit Gesang. Wenn sie sich jetzt wieder auf die Tasten konzentriert, bedeutet das nicht, die Erfahrung des Gesangs komplett aus ihrem Ausdrucksspektrum zu verbannen. Die Stimmbänder hat sie intuitiv in die Finger verlagert. Kaum eine andere Pianistin bringt das Klavier derart eindringlich zum Singen wie sie. Diese Gabe beruht nicht etwa auf einem besonders vokalen Anschlag, sondern auf der unbeschreiblichen Körperlichkeit, mit der sich ihr Spiel auch in abstrakten Momenten aus ihrem Innersten ergießt. Ihre Stücke mögen stets von Form und Struktur ausgehen, und doch ist es erstaunlich, wie viele Melodien und Motive ihr dabei von der Hand gehen.

Bei aller personellen Stabilität wird es die definitive Verfassung des Clara Haberkamp Dreiecks nie geben. Clara Haberkamp, Oliver Potratz und Tilo Weber sind immer auf dem Weg, und dieser Weg ist nicht das Ziel, sondern bleibt der Weg. Ja, es ist immer das, was es ist, zugleich aber auch das Gegenteil davon. Die Freiheit, die sich daraus für den Hörer ergibt, ist unermesslich."


– Wolf Kampmann, Januar 2021 –